Berichte Anlässe 2018
24.4.2018 Frauezmorge - «Alltag jüdischer Frauen im Heute»
Am 24. April morgens trafen 25 interessierte und natürlich hungrige Frauen im Pfarreisaal der Antoniuskirche in Kleindöttingen ein, um zuerst einmal den Magen zu ehren mit selbstgebackenem Zopf und Brot, sowie hausgemachten Konfis und feinem Kaffee. In dieser gemütlichen Runde wurde über dieses und jenes geplaudert. Aber dann warteten alle gespannt auf den Austausch mit Käthi Frenkel.
Der Frauenbund Kleindöttingen war letztes Jahr im September an einer Führung des jüdischen Kulturweges und dabei sehr viel über das Leben der jüdischen Bevölkerung in Lengnau und Endingen erfahren, als in diesen Gemeinden noch ein grosser Anteil an jüdischen Einwohnern wohnten.
Nun bot sich die Gelegenheit, Frau Frenkel zum heuten Anlass einzuladen, um aus direkter Quelle zu erfahren, wie eine Frau in heutiger Zeit den Alltag organisiert und wie das Leben überhaupt in einem jüdischen Haushalt aussieht.
Wer nun glaubt, dass ein solcher Vortrag innert kürzester Zeit abgehandelt sein würde …… schliesslich ging es nur um die Frau und nicht um religiöse Themen oder um politische Szenarien ….. da durfte man sich überraschen lassen. Frau Frenkel erzählte mit viel Humor, ohne die Realität mit all seinen Facetten auszulassen. So erfuhren die Frauen über die Trennung der Speisen, der Küchenartikel und die Organisation eines Freitags vor Sabbat wie auch vor jüdischen Feiertagen, allen voran das Pessach-Fest. Die Planung ist in diesen Tagen oberstes Gebot, galt es doch, alles vorbereitet zu haben bis zum Sonnenuntergang des Freitags, weil danach keine Arbeit mehr verrichtet werden durfte. Käthi Frenkel hatte auch einen mehrseitigen Menüplan aus dem Jahre 2014 mitgebracht, um zu zeigen, was überhaupt an Pessach-Feiertagen mit vielen Gästen (bis zu 10 Personen und mehr inkl. Übernachtung) gekocht und serviert wird. Wohl gemerkt, die Frauen dürfen nicht mehr kochen an den Samstagen und Feiertagen …… in der heutigen Zeit mit der Mikrowelle und Geschirrspüler eine grosse Erleichterung, obwohl das Ein- und Ausräumen des Geschirrspülers ein Diskussionspunkt wäre wie auch das Betätigen der Kaffeemaschine. Früher wurde am Freitag nochmals gut eingefeuert, damit der Herd warm blieb. Der Einkauf in einem koscheren Geschäft ist wohl mit Abstand der grösste Aufwand, der zu bewältigen, befindet sich doch der nächste Laden in Ehrendingen oder in Zürich.
Augenzwinkernd fragte sie in die Runde, ob die christlichen Männer denn viel im Haushalt unterstützen würden, denn die jüdischen Männer waren diesbezüglich keine Mithilfe. Da musste doch die eine oder andere Ehefrau schmunzeln, aber es wurde dabei bemerkt, dass die jungen Männer heute fast mehr in der Küche und im Haushalt Hand anlegen wie die jungen Frauen. Für die anwesenden Frauen klang dies alles sehr aufwendig und kompliziert, aber Käthi Frenkel beschwichtigte: Alles nur eine Gewohnheitssache und eine Organisationsfrage. Aber viele scheuen den Aufwand und lassen sich einladen oder gehen gerne in ein koscheres Hotel über diese Feiertage, vor allem Familienmütter, die einer geregelten Arbeit nachgehen.
Viele Fragen wurden gestellt und Käthi Frenkel konnte zu allem eine Antwort geben. Mit ihrer frischen und humorvollen Art mit Worten umzugehen, machte es unglaublich viel Freude, zuzuhören und sich dadurch eine Vorstellung machen zu können, was es bedeutet, eine jüdische Frau zu sein. Am liebsten wären alle sitzen geblieben und hätten noch lange zuhören können, doch der Mittag nahte und die heimische Küche wartete auf die Köchinnen.
Aber ein Fazit, das eine der anwesenden Frauen zum Schluss bemerkte, war sehr ernst und lud zum Nachdenken ein: Wir Christen haben auf unserem Glaubens- und Lebensweg unsere Traditionen verloren.
​
Patricia Dal Monte